Münzen im Fokus I: Zeugen der Vergangenheit
Zeugen der Vergangenheit I: Der Kaiser und seine ‚Lieblingsgötter‘
IMP C GAL VAL MAXIMINVS P F AVG |
SOLI IN-VICTO // ANT |
RIC VI Antiocheia 167b (dort Revers mit abweichenden Beizeichen)
Durchmesser 20-23 mm, Stempelstellung 11 h, Gewicht 4,11 g
Dieser ‚Zeitzeuge‘ ist eine Bronzemünze (nummus) des Kaisers Maximinus II. Daia (305-313). Geprägt wurde die Münze im Jahr 312 n. Chr. in Antiochia am Orontes (das heutige Antakya war eine der megacities der Antike). Die Vorderseite zeigt den Kopf des Kaisers mit Lorbeerkranz nach rechts und die Rückseite Sol Invictus. Die rechte Hand des Gottes ist erhoben. In der Linken hält er eine Büste des Sarapis.
Maximinus II. wurde 305 von Kaiser Diocletian zu seinem Nachfolger auserwählt, durch Adoption in die fiktive Dynastie der Iovier aufgenommen und als Caesar (Juniorkaiser) für den Osten eingesetzt. Wie bereits zuvor Diocletian versuchte auch Daia seine Herrschaft sakral über Bezüge zu Jupiter zu legitimieren. Der graeco-ägyptische Gott Sarapis – eine vielschichtige und komplexe Gottheit – wurde häufig mit Zeus/Jupiter und Helios/Sol synkretistisch verschmolzen, was beispielsweise Inschriften (IG Rom 194a) und Papyri (PGM II P 31b,1-10) belegen. Neben der Identifikation des Sarapis als Sonnengott war sein Charakter als Gott der Fruchtbarkeit ebenfalls von Bedeutung (zu erkennen an dem modius, einem Getreidemaß, das er auf dem Kopf trägt). Hierdurch auch als Personifikation der Provinz Ägypten ausgewiesen, konnte er als Symbol für die lebenswichtigen Getreidelieferungen dieser Provinz gelten. Indem Daia Sarapis auf seinen Münzen darstellen ließ, verdeutlichte er auch seinen Mitkaisern, wer die Kontrolle über die wichtigste Kornkammer und damit indirekt auch über Gebiete des Imperium Romanum hatte, die nicht unter seiner direkten Herrschaft lagen.
In den Texten der christlichen Autoren Lactanz und Eusebius von Caesarea finden sich zudem Hinweise auf eine religiöse Reform unter Maximinus II. Daia und die Errichtung einer neuen, hierarchisch strukturierten Priesterschaft (Lact. mort. pers. 36,4f. Eus. H. E. 8,14,9 und 9,4,2.). Die zeitliche Einordung der in den zitierten Texten genannten Ereignisse stimmt mit der Datierung jener Münzen, die Sol und Sarapis zeigen, überein. Der vorliegende nummus trägt Darstellungen der ‚Lieblingsgötter‘ des Daia, deren Bedeutung durch diese Emission deutlich herausgehoben wurde. Vielleicht fungierten diese darauf gar als regelrecht neue Hauptgottheiten. Über die Parität von Sol-Sarapis mit Jupiter wird zudem auch die Legitimation des Kaisers über die diocletianische Tetrarchie verdeutlicht. Diese Münze zeigt somit interessante Facetten der Instrumentalisierung von Religionen durch die spätantiken Kaiser.
Patrik Pohl
Eine ausführliche Beschreibung sowie Angaben zur hier verwendeten Literatur finden Sie unter der Online-Publikation der Münze: https://ikmk.uni-freiburg.de/object?lang=de&id=ID6091